Gestern war ich früh einkaufen. Da ist der Laden meistens noch nicht so voll mit Menschen. Sachen sind aber meistens noch genug da. Das ist angenehm. An der Palette mit den aufgestapelten Kartoffelbeuteln ist eine Frau vor mir. Die sucht sich in aller Ruhe den hintersten Beutel aus. Ich sage freundlich zu ihr: „Ooh, den wollte ich mir gerade nehmen …“ – sie fand das nicht lustig. Mann muss sich seine Erlebnisse heute schon selber machen.
Die Jungs kommen mit kuriosen Geschichten nach Hause – wie jeden Tag. Eine davon: Die Lehrerin XY hält einen Vortrag, dass die Schüler bei ihr ja großzügigerweise auf die Toilette dürfen, wobei es ja eigentlich besser wäre, wenn sie nicht auf die Toilette dürften, denn das trainiere die Blase. So geht die Geschichte. Keine Pointe. Wie oberbekloppt dürfen heute Lehrerinnen bitte heute sein? Dürften bitte solche Nazireden einfach bei harter Strafe verboten werden? Zum einen ist es vollkommener Bullshit, was die Lehrerin da erzählt. Warum dürfen Lehrerinnen Bullshit erzählen? Warum? Und zum anderen hat die Lehrerin das nicht zu entscheiden. Und nein, aus doppeltem Bullshit wird nicht etwas Gutes, nur weil es doppelter Bullshit ist. Was die Lehrerin offenbar übersehen hat ist, dass Schüler Google benutzen können. Hölle nochmal. Kacks Schule. Und ja, es sind Nazireden. Nazis lieben Bullshit. Nazis lieben Lügen. Nazis lieben autoritäres oben-unten-Gehabe und Machtspielchen. Und ja, es muss erlaubt sein die Dinge auch mit Namen zu nennen.
Ich habe Hack gekauft. Das muss verarbeitet werden. 680 Gramm wollte ich haben und habe 680 Gramm bekommen. Toller Service! Tolle Verkäuferinnen! Danke! Hm. Was mache ich denn daraus? Es muss auf jeden Fall heute verarbeitet werden. Bolognese hatten wir letzte Woche. Also mache ich Frikadellen. Endlich kommt einmal die Jungspfanne an den Start. Meistens reicht mir die kleine Pfanne. Wir genießen sie in Weckle. Alle essen so viel, dass kein Platz mehr für Nachtisch ist. Es wären noch fünf Menschen mehr satt geworden. Wir genießen sie weiter. Das von der Mannschaft gewünschte Hela Gewürzketchup ist leer. Zeitgleich gibt es ein sehenswertes Video von Sebastian Lege über … Hela Gewürzketchup. Wusstet ihr, dass es für Ketchup eine Vorgabe für den Mindestgehalt an Tomaten gibt? Ja, wusstet ihr. Der gilt auch für Curryketchup. Der gilt nicht für Gewürzketchup. Echt schlau … Wir haben mal beschlossen, dass wir andere Ketchup Sorten testen. Dann entscheiden wir weiter.
Abends läuft „Die letzte Fahrt der Bismarck“ im Kino. Den Film habe ich mir ausgesucht. Warum habe ich mir so einen Film ausgesucht? Nun – ich wollte Nazisymbolik untergehen sehen. Im real Live. Für mich ist das, was im Großen und im Kleinen derzeit passiert sehr schwer erträglich. Der reichste Mann der Welt zeigt einen Hitlergruß und wird dafür gefeiert. Der Fotzenfritze Mǝrz schreibt auf seine Wahlplakate sowas wie „Für ein Land, auf das wir wieder stolz sein können.“ Ebendieser Futzi erzählt, dass er am ersten Tag seiner Kanzlerschaft die „Grenzen dicht“ machen würde. Die Republik applaudiert. Pure Nazirhetorik. Der Grünenkönig plädiert für eine Steigerung des Arbeitsvolumens ohne Rücksicht darauf, dass in den meisten Bereichen Überstunden angehäuft werden. So geht also die Bismarck, der Stolz von Hitlers Marine vor meinen Augen mit einem großen Feuerwerk in Schwarzweiß unter.
Großes Feuerwerk – das hatten wir hier doch auch. Silvester 2023 … ihr erinnert euch – und einmal mehr wird mir klar wie sinnlos Krieg ist. Wie sinn-los. Ohne Sinn. Wo Entscheidungen ohne Sinn, also sinn-los getroffen werden, ist die reine Zerstörungswut Mutter der Natur. Das gilt für sinn-losen Konsum, die Zerstörung von Familien, egal ob es eigene oder fremde sind, egal ob es Männer oder Frauen sind die das tun. Es gilt für Kriege, die auch mal freundlich mit Spezialoperation betitelt werden. Und nein, Entscheidungen sind nicht irreversibel. Es gibt in jedem Moment die Möglichkeit der Besinnung. Bei dieser Botschaft bin ich einmal mehr vom Gefühl der Dringlichkeit beseelt. Das ist von dem Mann, der einen Elefant aus einem Hut zaubern konnte – es ist geklaut, denn ich kann es leider nicht. Wenn ich es könnte und damit nur eine Seele retten könnte, so würde ich es tun. Sofort!
Ich sehe das Problem. Die Hirnforscherin Maren Urner sagt klar, dass Gewalttäter nur so handeln können wie sie handeln. Im Moment des Tuns haben sie keine andere Möglichkeit, weil ihre Hirne ganz genau so aufgebaut sind wie sie aufgebaut sind – mit jeder einzelnen Neurone, mit jeder Synapse, mit allen Synapsen die nicht da sind usw. Aber die Hirnforschung sagt auch: ein Hirn kann sich ändern. Und das liegt auch in der Verantwortung des Hirnes selbst, also des Hirnträgers. In den meisten Fällen von Sinn-Losigkeit weiß das Hirn über diesen Zustand sehr genau Bescheid. Es fehlt aber die Bremse. Von Kirchenvertretern wird auch gerne die Moral ins Feld geführt. Die meine ich ganz dezidiert nicht. Ich meine damit die möglicherweise wenigen Spiegelneuronen, die noch zur Verfügung stehen.
Um dasjenige, was Maren Urner sagt zu untermauern, wird auch gerne in die Geschichte und in die Kindheit von Trumps und Putins und Co. geschaut. Das mag dem Verständnis helfen und ich glaube jetzt auch nicht, dass der Herr Trump auf den Hacken kehrt macht. Einfach so. Da bedürfte es schon anderer Mittel. Bei den kleinen alltäglichen und ebenso zerstörerischen Schweinereien wissen die meisten Menschen doch recht gut, dass es auch anders geht. Jüngst habe ich Claude Steiners lesenswertes Buch „Emotionale Kompetenz“ gelesen. Er beschreibt im Vorwort recht eindrücklich, wie er sein eigenes Leben sieht.
Und jetzt kann von mir aus die Zensuritis wieder zuschlagen.
Ich bin gerade ins Nachbardorf gefahren. Taxidienst für den guten Zweck. Dabei sehe ich immer mehr Wahlplakate mit Nazisprech. Und nein, die christlichen sind von den Nazis nicht zu unterscheiden. In der Farbe nur, wenn man genau hinguckt. In der Rhetorik nicht. Schämt euch!