Archiv für den Monat: Januar 2025

Empathiefähigkeit und Hirnforschung – ein Essay

„Du sollst Deinen nächsten lieben wie dich selbst.“ … ist ein abgeleierter Bibelspruch. Ich habe dazu schon folgendes gehört: „Da steht doch, dass du dich selbst lieben sollst!“. Und damit endet dann die Interpretation. Also: kauf‘ Dir was Schönes. Gönne dir eine Reise auf dem Kreuzfahrtschiff … das steht doch in der Bibel. Freunde – was ich hier versuche ins Lächerliche zu ziehen, ist traurige Wirklichkeit. Kauf‘ Dir ein Cabrio. Und vor allem: sei die Schönste im ganzen Land.

Ich komme langsam den Tricks auf die Schliche. Sie sind so faul, dass alle Welt sich an den fauligen Geruch schon gewöhnt hat. … Puh. Jetzt muss ich aber erst einmal durchatmen …

Also zunächst steht da überhaupt nichts in der Bibel, was nicht ohnehin eine Selbstverständlichkeit ist. Der Mensch kommt auf die Welt und ist unfertig. Er ist das unfertigste Säugetier der Welt. Denn er kann sich nicht einmal fortbewegen. Also ist er auf Zuwendung angewiesen. Das ist so tief in seinen Genen eingraviert, dass nicht einmal die neuesten Einsamkeitsvertreter darüber hinweg kommen. Diese Zuwendung kann nur durch Empathie geleistet werden. Oder durch bezahlte Kräfte. Und ja: mit Geburt ist der Säugling ein Egoist, ein Narzist. Und erfährt dann Zuwendung. Es braucht über zwanzig Jahre, bis der Mensch sich zu einem voll reifen sozialen Wesen entwickelt hat. Derzeit geht die Wissenschaft von etwa 28 Jahren aus. Als Kind imitiert der Mensch die Empathie, die ihm gegeben wird. Ähnlich wie er sprechen lernt durch Imitation, so lernt er auch Empathie durch Imitation. Kaum ein Kind, das nicht irgendwann versucht seine Mutter zu füttern. Und sich dann darüber freut, dass sich die Mutter freut. Also die Mechanismen sind eigentlich ziemlich trivial. Der Mensch kommt auf die Welt und lernt zuerst sich selbst zu lieben. Er lernt Empathie an sich selbst. Denn die Spiegelneuronen sind noch gar nicht ausgeprägt. Wir dürfen davon ausgehen, dass in jedem Menschen diese Anlagen vorhanden sind. Sie können nicht vollkommen zerstört werden. Emotionale Entbehrung gilt als das schwerste Trauma. Durch emotionale Entbehrung kann die Empathie verschüttet werden. Bis zur Unkenntlichkeit. Das machen sich autoritäre Regime zu Nutze, die so willige Gefolgsleute heranzüchten. Oder der Kapitalismus. Der schafft das auch. Wenn Menschen nur noch entweder Wirtschaftsleistung erbringen oder Konsumenten sind. Dann haben wir die ideale empathielose Welt. Wenn Krankenhäuser nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gestaltet sind, Kindertagesstätten möglichst effizient sein sollen, an Schulen gespart wird … Das ist das, was wir heute haben. Mit all‘ seinen Folgen. Die da sind: massive psychische Störungen, hohen Alkoholkonsum, Temu, Amazon, Depressionen, Co2 Verseuchung usw.

Mein derzeitiges Thema ist MBSR, das ist achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, ein ausgetüfteltes Programm, das sich bereits millionenfach bewährt hat. Im Grunde ist es nichts anderes, als die verschütteten Empathiekräfte wieder zum Leben zu erwecken. Es kann zum Beispiel für Menschen nützlich sein, die sich aus irgendeinem Grunde in ihrem Weg vertan haben, aufs falsche Gleis geraten sind und eine Art psychischen Reset brauchen. Und da ist der erste Weg zunächst sich selbst neu zu aktivieren. Das ist ganz schön schlau und funktioniert möglicherweise genau deswegen so gut. Denn so kriegen wir erst einmal den ersten Teil wieder hin: liebe dich selbst. Und zwar ohne Konsum und Ablenkung und Betäubung. Und das ist die Voraussetzung für den nächsten notwendigen Schritt: liebe deinen Nächsten. Denn ohne diesen Trick wird es auch nicht gut gehen. Denn der Mensch ist mit einem Bewusstsein ausgestattet. Und er strebt immer zu Glück und Zufriedenheit. Auch das ist in seinen Genen eingraviert. Zufriedenheit wird er aber nur erlangen, wenn er auch Selbstwirksamkeit verspürt. Und Sinn. Die höchste Zufriedenheit erreicht er, wenn er seine Fähigkeiten, seine Kreativität sinnvoll in einen größeren Zusammenhang einfügen kann.

Also: Schluss mit der Flucht vor sich selbst. Schluss mit Selbsthass auf sich selbst. Egal ob den eigenen Körper, den eigenen Geist, die Seele, seine Fähigkeiten und Unfähigkeiten, seine Stimme – es muss erst einmal alles selbst geliebt werden. Das kann, wenn es nur genügend verschüttet wurde, schon ganz ordentlich Arbeit sein. Es wird sich aber in jedem Falle lohnen.

Die MBSR Freaks berichten von kuriosen Spontanheilungen von schweren chronischen Leiden. Das machen wohl andere Heilsbringer auch. Fragt mal einen Homöopathen. Nur: MBSR ist kein Schabernack. Es fußt knallhart auf wissenschaftlichen Fakten und einer breiten empirischen Erfahrungsbasis.

Ich werde auch diese Technik in mein Programm mit einbeziehen. Das wollte ich mir einfach mal aufschreiben.

Ansonsten wurde heute ein Schachbrett fast fertig gebaut. Wir geben uns wohl Mühe ein makelloses Brett zu bauen. Immer wieder müssen wir aber erkennen: wir sind keine Profis. Wir haben noch nicht hunderte von Schachbrettern gebaut. Sowohl unser Baumaterial als auch unsere Maschinen sind auf Hobbyniveau. Der Frästisch besteht aus einem Regalbrett. Die Hobelmaschine ist so naja und muss auch erst aufgebaut werden. Ich würde aber sagen, dass wir mit dem Ergebnis zufrieden sein können. Gestern morgen, als die Idee aufkam ein Schachbrett zu bauen, dachte ich nicht, dass am folgenden Tag bereits ein spielbares Brett gebaut ist.

Heute habe ich mal wieder frei. Auch das ist schön. Ich habe so viel zu lesen, so viel zu lernen, so viel Klavier zu spielen, so viel Projekte …

Und einen Anruf von einem Tinder Match verpasst. Da war ich auf der Toilette.

Projekt Nr. 14 und übergriffige Post

Das Jahr fängt mit durchwachsenem Wetter, Sturm und Ekelregen, kalt an.

Gestern gab es aus der Crew eine Anfrage für ein Holzprojekt. Kann man … hmhmhm bauen. Hmhmhm kann ich im Moment noch nicht auflösen, weil noch ein Whatsapp Rätsel darauf läuft. Wir überlegen hin und her, schauen YT Videos dazu und dann kommt der Beschluss: kann man – natürlich. Und wir können das auch. Was interessant ist … der Jungmatrose geht gleich mit voller Energie dran. Dass erst noch ein Frühstückstisch abgeräumt werden will, zumindest die Sachen in den Kühlschrank gestellt werden wollen ist da eher lästig. Kann ich gut verstehen. Wir finden aber die Lösung im Sekundenbruch – ist alles kein Problem. Dann fangen die vorbereitenden Arbeiten an. Wir gehen in die Werkstatt, schauen was wir für Material haben, überlegen nochmal. Kurz darauf wird klar: es wird Projekt 14 aus einem Eichenstamm. Auch schnell klar ist: es ist viel Maschinenarbeit für mich. Es wäre Quatsch zu versuchen da mit Handarbeit anzufangen. Nun an Tag 2 ist schon ein wenig mehr zu sehen. Ich war heute früh im Baumarkt und habe Beize geholt. Heute hat er Kanten gebrochen, Handschleifarbeiten ausgeführt und wir haben verleimt.

Apropos Baumarkt. Ich habe mich heute als Hellseher betätigt. Im Baumarkt hatten sie gerade Schneeschaufeln. Drei verschiedene Sorten. Ich habe mich dann für eine entschieden. Unsere alte ist schon ziemlich durch. Als ich sie gekauft habe, habe ich gedacht: das ist eine gute Versicherung, dass es diesen Winter nicht schneit … – Heute durfte ich sie dann schon ausprobieren 🙂

Apropos Jungmatrose. Ich lese gerade in zwei neuen Büchern. Das eine ist die Empfehlung von Dejan „Alles über Liebe“ von Bell Hooks. Das ist ok. Ich finde es ganz schön viel Fülltext. Das andere ist Jon Kabat-Zinn „Gesund durch Meditation“. Das ist schon etwas griffiger. Der Untertitel heißt „Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR“. Der Originaltitel heißt Full Catastrophe Living. Ich finde das etwas schade, dass die Verlage für scheinbar bessere Verkaufszahlen so massiv in die Titelaussage eingreifen. Warum? Jon Kabat-Zinn schreibt …

Jeder kann die Kunst erlernen, Schwierigkeiten auf eine Weise zu begegnen, die nicht nur zu effektiven Lösungen führt, sondern auch zu innerem Frieden und Ausgeglichenheit. Wenn es uns gelingt, unser inneres Potenzial zu aktivieren, um Probleme auf gekonntere Weise anzugehen, entdecken wir für gewöhnlich in uns die Fähigkeit, uns selbst innerlich so auszurichten, dass wir den Druck des Problems zu seiner Überwindung einsetzen können, so wie ein Matrose ein Segel kundig zu setzen weiß, damit er die Kraft des Windes optimal als Schubkaft nutzt. Direkt gegen den Wind zu segeln ist unmöglich, und wer andererseits nur mit Rückenwind zu segeln versteht, gelangt bloß dahin, wohin der Wind ihn gerade weht. Wer aber die Energie des Windes richtig einzusetzen versteht, kann mit Geduld sein Ziel erreichen und behält darüber hinaus die Kontrolle über die Situation.

Jon Kabat-Zinn

Es ist doch immer wieder interessant, wie das Segeln als Vergleich zu anderen Lebenssituationen sehr schöne Bilder schafft.

Ich bekomme im Moment wirklich viel Dankesnachrichten für unsere Neujahrspost. Das ist schön. Und es freut mich, dass der Kalender gut ankommt.

Es gibt aber auch etwas verstörende Post. Sicher ist sie nicht verstörend gemeint, aber ich will’s doch erwähnen …

Ja, und dass AC nun nicht mehr bei euch im Boot sitzt, das haben wir staunend registriert. Dass sie sich nicht so recht wohl fühlte, das haben wir geahnt. Du mit deinem Wissen und der Erfahrung, dem Ego als Selbständiger gegen das Matriarchat, das verborgen, ohne Wissen in jedem Weibe sitzt. Nun, das ist euer Problem. Doch versprich deinen Urlaubern nicht zuviel Zeit von dir. Du bist durch die Glastür so gut beim Arbeiten zu sehen, dass man sich oft nicht traut, die Klingel zu betätigen. Du könntest deinen Arbeitsplatz auch so positionieren, dass du, vorausgesetzt du bist Rechtshänder, das Licht von links bekommst …

Hm. Ist das das Alter? Ist das ein gut gemeinter Ratschlag? Ich kann es schlecht einordnen. Möglicherweise verbirgt sich dahinter aber auch eine Wahrheit, die ich nicht erkennen kann oder erkennen will. Die Sache mit dem Matriarchat kann ich aber kurz und bündig klären: unsere Beziehung und unser Leben baute in weitesten Teilen auf dem Matriarchat auf. Das kann ich jetzt doch sehr deutlich im Kielwasser erkennen. Möglicherweise zu viel. Da auch der Schreiber das Boot als Bild gebraucht, kann ich nur sagen: es tut gut mit jeder Meile von der Stelle des Schiffbruchs weg zu kommen. Jede Meile ist ein Tag. Und es sind schon einige. Dennoch … der Schiffbruch steckt allen noch in den Knochen.

Bodo wünscht euch allen ein gutes Jahr 2025

Wie jedes Jahr, wünscht Bodo allen Leserinnen und Lesern dieses Planeten und allen, die es werden wollen ein gutes neues Jahr.

Bodo ist gerade irgendwo unterwegs. Vermutlich, um persönliche Neujahrswünsche zu überbringen. Aber auch Bodo hat sich gefragt, ob er ein glückliches neues Jahr wünschen soll. Das macht er natürlich. Aber auch Bodo beschäftigt sich mit Psychologie. Einige Psychologen und natürlich auch Psychologinnen – ich finde das echt mühsam so zu schreiben, vielleicht ist es auch mühsam zu lesen, aber ich kann mich immer nicht entscheiden – sind der Ansicht, dass Sinn wichtiger ist als Glück. Also dass der Sinn im Leben dominant ist – oder das klinische Bild dominiert, wie wir auch sagen. Fakt ist, dass in unseren Genen eingraviert ist, dass wir zu einer gewissen Zufriedenheit streben. Unserer „Mitte“, wie in gewissen Kreisen auch gesagt wird. Ich würde sagen, dass Sinn zum Glück führt, Glück aber nicht vollautomatisch zum Sinn. Denn wir können uns kurzfristiges Glück erkaufen … welches dann trügt. Ich habe das nach Weihnachten ja erleben dürfen, wie eine „eigene Wohnung“ mal eben schnell glücklich macht. Aber eben nur mal eben schnell und nicht nachhaltig und mit Nebenwirkungen verbunden. Der Sinn kann dabei ein wenig auf der Strecke bleiben.

Ich will da jetzt nicht schulmeisterlich wirken. Wer zum Glück strebt, dem sei es gegönnt. Wer auf der Suche nach dem Sinn ist, der möge diesen Sinn finden. In diesem Jahr. An jedem Tag.

Zu meinen aus-der-Luft-Fotos habe ich folgenden Text zusammengestellt:

Für das neue Jahr wünschen wir euch, dass ihr … nie den Überblick verliert … immer die richtige Orientierung findet … die passende Perspektive einnehmen könnt … euren Horizont erweitert … die Schönheit der Welt erlebt … die Aussicht genießen könnt … den Blick auf das Ganze nicht verliert …

Ich bin sicher, Bodo könnte diesen Text auch unterschreiben.

Alles Gute!

Der letzte Tag des Jahres

Am letzten Tag des Jahres haben wir einmal mehr den Kontrast vom alten und vom neuen Leben gelebt. Ähnlich wie an Weihnachten, waren wir schlicht unkonventionell. An Weihnachten haben wir ohne Brimborium und Geschenke gefeiert. In schlichter Ruhe. Wie schön war das! Den Jaherswechsel haben wir zwanglos ohne Brimborium gefeiert. Ich habe die Crew vorher gefragt: wollen wir was knallern? Die Gesichter waren schon sehr eindeutig und auch die Besprechung über das Thema lieferte ein eindeutiges Ergebnis: wir wollen nicht. Ich war zwiegespalten. Denn einerseits ist ja so eine Knallerei auch ein Symbol für ein Ende. Die böse Geistervertreibung und so. Aber so wirklich überzeugt war ich auch nicht. Es kostet einen Haufen Geld. Man hat die ganze Action mit aufbauen und vorbereiten und dann im wichtigsten Moment muss das Zeug noch angezündet werden. Dann macht es Bumm oder schwirrt in die Luft, um im nächsten Moment abgebrannt zu sein. Dabei erschreckt man nicht nur die eigene Hauskatze, sofern man eine hat, sondern alle Wildtiere und alle Haustiere in der Gegend. Also für mich war verzichten einfach.

Ich habe dann am Abend noch ein letztes Bauprojekt inszeniert. Zwei Regalbretter lagen schon seit Jahren in der Werkstatt herum. Die mussten nur noch endgeschliffen werden. Die Kanten mussten gemacht werden. Glücklicherweise habe ich jetzt eine Oberfräse, da ging das zackzack. Dann noch anbringen. Die Leisten habe ich diesmal aus massiver Eiche gemacht – wenn man es denn hat …

Kein Bleigießen oder sonst ein Programmpunkt, der meistens irgend einen langweilt. Nichts musste vorbereitet werden. Nur ein bisschen Obstsalat machen und Chinakohl-Möhren-Salat. Die Salatsoße gab’s ja schon. Die Nüsse für den Salat hat dann Samson geknackt. Damit niemand stundenlang gebannt auf die Uhr starren muss, wann es denn endlich 24 Uhr ist, haben wir das Essen auf 22 Uhr gelegt. Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Es war einfach ehrlich. Wir haben uns wirklich ein gutes neues Jahr gewünscht. Ich habe so gerne Abschied genommen von diesem 2024. Danke, dass es vorbei ist.

Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch mit schönen Programmpunkten, einem aufwändigeren Essen, mit einer Feier feiern kann. Der Unterschied ist spürbar, ob es autentisch und ehrlich ist oder ob es aufgesetzt und inszeniert ist. Aufgesetzt, inszeniert, falsch und verlogen kann ich nicht so gut.