Woche 21

Sonntag

Der Sonntag macht seinem Namen alle Ehre. Es ist sonnig, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Ich mache einen Ausflug in den Westen. Es geht nach Hamburg. Dort besuche ich die Leonardo da Vinci Ausstellung – vermutlich habt ihr so etwas schon geahnt. Die Ausstellung ist in drei Teile geteilt. Zunächst geht es um Technik, Mechanik und Konstruktion. Dann gibt es einen künstlerischen Teil mit Gemälden und den krönenden Abschluss bildet eine Multimediainstallation. Alle Teile sind irgendwie halbwegs interessant. In der Mechanikabteilung gibt es Modelle, an denen man spielen kann. In der Kunstabteilungen sind Kunstwerke von Leonardo in Lebensgröße ausgestellt. Auch das Abendmahl gibt es in Lebensgröße und das ist schon beeindruckend. Es sind natürlich nirgends Originale zu sehen, aber das war auch nicht zu erwarten. Die Multimediainstallation ist ein großer Raum, ich schätze mal, dass die längste Seitenausdehnung sicher zwanzig Meter sind – es kann aber auch weniger sein. Alle Wände und der Fußboden werden voll projiziert. Es gibt Sound und im Raum sind ausreichend und großzügig Sitzsäcke verteilt, so dass man wirklich gemütlich chillen kann und das Multimediaspektakel über sich ergehen lassen kann. Mein spontaner Eindruck war: Leonardo hätte das nicht gefallen. Leonardo hat sein Schaffen stets von der funktionalen Seite aufgebaut und gedacht. Bei dem Spektakel war es eher so, dass es um Effekte ging. Aber gut … wir haben doch etwas gelernt, wir haben uns einmal mehr mit Leonardo da Vinci und seiner Zeit beschäftigt. Und das ist ja auch schon mal was. Wir sind dann noch frühstücken gegangen am Altonaer Busbahnhof. Sehr schön in der Sonne. Dann noch einen Spaziergang in Richtung Landungsbrücken. Immerhin lag dort zur allgemeinen Langeweile ein Aida Schiff. Auf dem Rückweg haben wir uns noch im Altonaer Museum die Ausstellung World Press Photo 2024 angeschaut. Da war mehr los als in der Leonardo Ausstellung. Und ja, es ist schon ganz schön beeindruckend, was die Krisenfotografen alles für Bilder einfangen und verbreiten. Dass das die Köpfe nicht aufrüttelt? Wir vermuten, dass durch Fernsehkonsum in den Köpfen bereits durchaus eine Abstumpfung stattgefunden hat … und sind uns auch gar nicht so recht im Klaren darüber, wie wir den Weltenwahnsinn aufhalten wollen.

Ich habe mich an diesem Tag einmal mehr am Weltenwahnsinn beteiligt, habe für 260 Kilometer Autodiesel verfeuert und dafür doch reiche Eindrücke mit nach Tressow gefahren.

Die Jungs haben sich Tieffrierpizza gemacht. Das ist eine wunderbare Taktik. So komme ich um die Tieffrierpizza drumrum und sie haben ihre Tieffrierpizza. Ich mache noch Feuer im Ofen und koche schnelle Spaghetti, wir berichten uns von unserem Tag und dann ist auch schon wieder Zeit für den Feierabend.

Montag

Wochenstart. Schultag. Ich bringe die Jugendlichen zum Bus, danach gehe ich Nüsse sammeln. Der Nachbar berichtet mir davon, dass er Betrugsopfer geworden ist. Die Firma hatte ein seriöses Auftreten. Eine fünfstellige Eurosumme ist weg. Er berichtet von Schlaflosigkeit. Und wieder projiziere ich das Erfahrene auf meinen aktuellen Fokus. Was treibt die Kriminellen dazu kriminell zu sein? Ist nicht jede kriminelle Handlung auch eine Spezialoperation? Anderen Menschen ohne Skrupel Schaden zuzufügen um einen scheinbaren persönlichen Vorteil.

Die Jungs haben bereits bei ihrer Mutter gegessen. So gibt es kleines Resteabendessen und lecker Grießbrei mit Apfelmus.

Das erste Bild zeigt ein recht neues Gadget in unserem Haushalt. Eine Chillimühle. Echt gut. Mit scharfen Chillis. Man muss die Chillis nicht zerbröseln bevor man sie in die Mühle füllt. Sehr praktisch.

Dienstag

Der Dienstag ist recht unspektakulär gefüllt mit Arbeit. Ich schaue mir noch Demenzvideos an. Es ist jetzt wirklich ein trüber Herbsttag. Dementsprechend auch die allgemeine Stimmung. Keine Details hier.

Es gibt Crepes mit Paprika-Wienerle und zum Nachtisch Grießbrei mit Apfelmus.

Mittwoch

Ein Junge bleibt mit Bauchschmerzen erst einmal zuhause.

Der Elektriker kommt, um sich ein paar Sachen anzuschauen.

Abends schreibe ich mal den Notar an, ob sich etwas mit dem Vertrag tut. Es wäre schön dieses Ding vom Schreibtisch und vor allem aus dem Kopf zu haben. Aufräumen, aufräumen, aufräumen …

Donnerstag

Einer geht zur Schule, einer bleibt hier.

Um 9 Uhr trifft sich erstmals der Übungsdonnerstag. Ich schalte natürlich ein. Ich will ja wissen was geht. Ich darf Cohorst machen. Naja … ich mache es, weil sich sonst keiner meldet. Mit der Zeit schalten sich immerhin hundert Teilnehmer zu. Darunter auch mittlerweile bekannte Gesichter. Es geht um das Kapitel F0. Das sind die somatoformen Störungen. Mit denen haben wir zwar als Heilpraktiker nicht so wirklich viel zu tun. Wir lernen aber wie sinnvoll es ist auch darüber Bescheid zu wissen. Erst gibt es etwas Konfusion über das Lernsetting. Es gibt Teilnehmerinnen, die gerne mit einem Skript arbeiten würden. Die Referentin blendet aber schließlich das Skript einfach aus. So ist jegliche Konfusion auch beseitigt. Und dann werden einfach praktische Erfahrungen mit Demenz von Angehörigen von Teilnehmerinnen besprochen. Das ist zwar nicht so scharf am Lernstoff dran. Zunächst denke ich, dass ich da doch etwas fehl am Platze bin. Aber ich war ja Cohorst – einfach aussteigen wäre da einfach nicht drin gewesen. Hin und wieder sind dann aber wirkliche Perlen dabei. So berichtet eine Teilnehmerin über Studien, in denen bewiesen wurde, dass durch Ausgrenzung Schmerzzentren im Gehirn aktiviert werden ohne dass ein physischer Schmerz spürbar wäre. Uppps – kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Ich muss lächeln. Es ist immer wieder interessant die eigenen Erfahrungen bestätigt zu bekommen. Und bestärkt mich sowohl in der Wahl der Ausbildung als auch in der Motivation zumindest irgendwann einmal ein ganz kleines Stückchen jemandem helfen zu können. Bei Demenz, so lernen wir, ist vor allem die Psychoedukation ein wichtiger Baustein. Psychoeduktion bei der beginnenden Demenz. Und Psychoedukation der Angehörigen. Mehr können wir eh nicht leisten. Und ja, auch die verschiedenen praktischen Lebenserfahrungen von Teilnehmerinnen mit Demenzkranken Menschen sind bereichernd. Also … nicht immer gleich abschalten, wenn einem etwas langweilig vorkommt.

Die Ausbildung ist ein kleines Steinchen das eigene ausgegrenzt worden sein zu kompensieren. Es bleibt aber genau dies die Aufgabe Nummer eins. Ich weiß nur eines: ich werde gestärkt daraus hervorgehen. Ich kann nicht anders.

Der Kalender am Eingang wird abgehängt. Trennt euch von Erinnerungen. Trennt euch von Erinnerungen. Ich wiederhole das, weil es wichtig ist. Was lästig ist, kann weg. Nicht immer. Aber wenn es zu nichts nützlich ist, wenn es nur lästig ist, dann kann es weg. Dann muss es weg.

Abends kaufe ich noch zwei Konzertkarten.

Bild 1: Mein heutiger Tipp für alle Muttis, die nicht so recht wissen, wie sie ein gesundes Frühstück für ihre Kinder machen können. Nutellabrot mit Apfelmus ist der aktuelle Hit.

Freitag

Seid dankbar für alles was euch widerfährt. Macht das! Und zwar macht ihr das genau dann, wenn ihr knietief durch die Scheiße watet. Und jetzt hört mir bitte zu. Diese ganze Kacke die ihr erlebt, die ist so wertvoll. Die bildet nämlich die Grundlage für euer neues Leben. So ein Acker kann nur blühen, weil der Landwirt da jede Menge Scheiße drauf verteilt hat. Und weil in jeder Handvoll Erde ungefähr so viel Lebewesen sind als Menschen auf der Erde leben. Und diese Lebewesen haben einen Stoffwechseln und kacken und kacken und kacken. Alles Leben besteht im Grunde genommen aus Scheiße. Ja, ich gebe es zu, es ist nicht angenehm gemobbt zu werden, verlassen zu werden, gemieden und gehasst zu werden. Natürlich ist der Spruch „alles was uns nicht umbringt macht uns stärker“ voll blöde. Aber wir müssen auch den Lauf der Welt und der Dinge akzeptieren. Ja, es ist mühsam die ganze Kacke auf den Acker zu schaufeln. Es ist Arbeit Ordnung in der Seele zu halten, dass die Kacke nicht alles überschwemmt, dass irgendwo noch ein sauberes Plätzchen ist, an dem man Ruhe findet. Aber Hand aufs Hirn: es ist doch unser Leben. Es ist unsere Verantwortung. Es ist unsere Chance etwas daraus zu machen. Es wäre fatal genau diese Chance nicht zu ergreifen. Jeder Gedanke ist wertvoll. Nur ich sag’s euch ehrlich. Ich habe genug Kacke im Moment. Ich könnte auch gut etwas abgeben. Und es wäre auch noch genug um mich herum. Also wenn ich Bedarf an seelischem Mist hätte, dann müsste ich nur mein Händi mit Insta verbinden oder mit Tiktok. Hm. Ok. Das war jetzt ein doofes Beispiel. Denn diese Kacke ist so schlimm, so toxisch, dass da nichts darauf wächst. Es ist tote Kacke.

Also. Das war das Wort zum Freitag.

Der sonstige Freitag verläuft ohne große Ereignisse. Ich ernte 14 Äpfel, steche die Kernhäuser aus und schäle sie. Das Schälen geht am schnellsten. Dreizehn Sekunden pro Apfel macht Spaß, ist aber auch schnell vorbei. Dann noch Kuchen backen. Abends gibt es Brokkoliquiche. Da war ich etwas zu mutig, die Füllung verteilt sich dann doch auf dem Blech. Da ich zeitlich schon etwas spät dran bin, ich habe mir noch ein Schulungsvideo (sehr interessant!) angeschaut, ist der Brokkoli auch noch knackig. Fein ist es trotzdem.

Wir gehen auf die Suche nach Polarlichtern. Erst halten wir die Lichtspiegelung von Wismar für Polarlichter. Echte Polarlichter sehen wir nicht. Es wäre ein schöner Auftakt gewesen. So haben wir auf der einen Seite einen unsichtbaren Kometen und auf der anderen Seite unsichtbare Polarlichter. Auch schön.

Das Tierhaus hat Kletteräste bekommen und es sind weitere Bewohner eingezogen. Der Ameisenbär wollte aus Hamburg mitgenommen werden. Ich kam mir vor wie Mr. Morrison.

Samstag

Heute gibt es feinen Geburtstagskuchen. Mit viel Freude. Die Frage ist, wie groß der Spiegel sein muss, damit sich Peter ganz darin sehen kann.

Ich mache noch Ferienwohnungsarbeit. Dann geht es nach Wismar. Bootshalle aufbauen und mit Freunden feiern.

Ich verlege eine fliegende Leitung, um hier auch per Draht am Internet zu hängen … huiii, wie das flutscht …

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