Wer die Wahl hat …

In zwei Wochen sind Wahlen. Die Landrätin oder der Landrat wird gewählt. Es stellen sich eine Kandidatin und drei Kandidaten zur Wahl. Die Kandidatin ist die Amtsinhaberin. Ihr werden die besten Chancen auf den Erfolg zugesprochen. Aber … wir wollen es uns doch nicht ganz so einfach machen, auch wenn meine Stimme nur eine von 130.000 wahlberechtigten ist. Wenn etwa die Hälfte der 130.000 von ihrem Recht Gebrauch machen, so ist meine Stimme immerhin ein fünfundsechzigtausendstel – das sollte man nicht als zu gering erachten. Aber … wer die Wahl hat …

  • hat die Qual
  • wohnt in Quaal
  • hat einen Stimmzettel

Zusätzlich zur Amtsinhaberin stellt sich noch ein Kandidat der Piratenpartei, einer von der Linkspartei und einer von der CDU zur Wahl. Den beiden erstgenannten dürfte eine sehr geringe Bedeutung zukommen. Ihnen eine Stimme zu geben, dürfte eher einen symbolischen Wert haben. Der Herr von der Piratenpartei stellt sich als Servicekraft vor. Eine Internetrepräsentanz seiner selbst suchte ich vergeblich. Das ist ein etwas schwaches Bild für den Repräsentant einer Partei, die sich eben auch die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben hat. Um dennoch etwas über den Herrn zu erfahren, organisiere ich mir ein Digitalabo der Ostseezeitung. Hier erfahre ich, dass er großer Fan der Winkingerzeit ist und in seinem Bufdi Jahr in einer Einrichtung für Schwererziehbare gearbeitet hat. Er will sich für mehr Schulsozialarbeit einsetzen. Das ist auf jeden Fall ein guter Plan.

Die Straßenplakate der Amtsinhaberin und des Kontrahenten der CDU Partei sind mäßig aussagekräftig. Die Amtsinhaberin hat immerhin „den ganzen Kreis im Blick“. Ich studiere das Plakat sehr gründlich und kann den Kreis in ihrem Blick nicht erkennen. Der CDU-Mann hat immerhin eine Internetpräsenz. Dennoch – Wahlkampf, so meine Erfahrung, ist doch die aktivste Zeit einer Politikerin oder eines Politikers. Ich hake also nach.

Um es den Kandidaten nicht allzu schwer zu machen, schreibe ich etwas Prosa und versuche mich in einfacher Fragestellung.

Die Landrätin bekommt die Frage:

Was werden Sie für die Schulen tun?

Der Christenmann bekommt folgenden Satz:

Daher meine Frage an Sie: was werden Sie tun, um unsinnige
Bürokratisierung – insbesondere im Bildungsbereich – aufzuheben?

Das war Karfreitag, 2. April.

Nicht schlecht gestaunt habe ich, dass ich am gleichen Tage, also an just jenem denkwürdigen Karfreitag, 2. April 2021 eine ausführliche und persönliche Antwort der Landrätin erhalten habe. Ich erlaube mir ein paar Zitate daraus …

Ich bin sehr froh, dass es uns in den letzten Jahren trotz leerer Versprechungen von Bund und Land aus eigener Kraft gelungen ist, das Netz der Jugend- und Sozialarbeit zu halten und auch auszubauen. Schön wäre es, wenn wir von Bund und Land Unterstützung bekämen, um z. B. an jeder Schule einen Schulsozialarbeiter zu installieren. Das ist mein Ziel.
Der Erhalt der Schulen, ihre Digitalisierung und gute Ausstattung ist Sache des Schulträgers , also auch des Kreises. Dafür stehe ich.
Inhaltlich liegen alle Kompetenzen bei den Ländern. Da sind mir die Hände gebunden. Und der Förderalismus lässt grüßen.

Ich würde gern viele Dinge vereinfachen und entbürokratisieren und versuche, meine Verwaltung so bürgerfreundlich wie möglich zu organisieren. Ich ärgere mich über jeden MA, der die Auslegung von Gesetzen immer nur so versteht, dem Bürger zu sagen, was alles nicht geht, anstatt herauszuarbeiten, was geht.

Ich schreibe euch dieses, weil ja unter Umständen die Kandidatin auch die Wahl gewinnen kann. Es könnte sein, dass sie in der Hektik des Alltages ihre Wahlkampfziele und -versprechungen etwas aus den Augen verliert. Weist sie also auch gerne darauf hin, falls es sinnvoll ist.

Dass der Herr von der Glaubenspartei am Karfreitag nicht antwortet, kann ich ihm beileibe nicht übel nehmen. Das geht für mich vollkommen in Ordnung.

Ich will euch aber über seine Antwort auch nicht im Ungewissen lassen. Am Mittwoch erreichte mich dieser Einzeiler:

Können Sie Ihre Frage nochmals bitte konkretisieren? Ich möchte Ihnen gerne vollumfänglich darauf antworten.

Nebst Anrede und Gruß.

Ich habe dann wie folgt umgehend konkretisiert:

Wo sehen Sie die Hauptaufgaben im Bereich Bildung, um Kinder aus bildungsfernen Familien zu fördern?

[  ] die Digitalisierung der Schulen ist der wichtigste Aspekt, um Kinder aus bildungsfernen Familien zu fördern

[  ]  Schulsozialarbeit muss an erster Stelle stehen, um Kinder aus bildungsfernen Familien zu fördern und zu integrieren

Was wollen Sie tun, um Hemmnisse – insbesondere im Bildungsbereich – durch Bürokratisierung abzubauen?

[  ]  Es gibt keine Hemmnisse durch Bürokratisierung im Bildungsbereich.

[  ]  Ich werde mich bei der Landesregierung einsetzen, um den Schulen mehr Eigenverantwortung und Gestaltung einzuräumen.

[  ]  Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Schulämter mit mehr Personal ausgestattet werden

… und bin nun auf seine vollumfängliche Antwort gespannt.

Wir haben ein weiteres politisches Projekt in Arbeit.

Da nun etliche Versuche fehlgeschlagen sind die Schulranzen der Kinder leichter zu bekommen und ihnen dadurch sinnvoll zu ermöglichen auf eigener Achse bzw. aus eigener Kraft den Schulweg zu bewältigen, kam mir die Idee, ob wir nicht den Schulbus einfach bis vor die Haustüre fahren lassen. Es ist ja alles etwas unglaublich. Der Staat zwingt uns per Gesetz in die Schule. Die Behörden veranstalten dann ein Schulsystem, welches mit irrsinnigem Schulmaterial befrachtet ist – demnächst dürfen sie vermutlich noch einen Laptop mitschleppen …, schaffen es gleichzeitig nicht die sozialen Verhältnisse an den Schulen halbwegs optimal zu gestalten, erzählen uns, dass wir die Kinder doch bitte nicht mit dem Auto rumfahren sollen … – und: keiner fühlt sich verantwortlich.

Wir schreiben also an die Bürgermeisterin. Dabei lernen wir, wie man so einen Behördenbrief verfasst: freundlich, klar, deutlich. Wir schildern also unser Anliegen und bieten gleichzeitig an bei der Lösung behilflich zu sein. Angeblich kann der Bus hier auf der Wendeschleife nicht wenden – so haben wir mal gerüchteweise gehört.

Unsere Bürgermeisterin antwortet noch am selben Tage mit ihrem Mobiltelefon:

Liebe Tressower Schulkinder, lieber Herr Bund,
Euer Anliegen zur Schulbusbeförderung habe ich erhalten. Ihr habt es sehr nett und anschaulich formuliert. Ich werde es umgehend zur Prüfung weiterleiten und schauen, welche Möglichkeiten der Verbesserung es gibt. Nach Prüfung lasse ich wieder von mir hören. Bis dahin wünsche ich Euch frohes Lernen- mit möglichst viel Präsenzunterricht.
Beste Grüße
Eure Bürgermeisterin Anne Homann-Trieps

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