Woche 34 … Ferienende

Montag

Es beginnt die Woche 34 des neuen Lebens. Es müsste so ungefähr Tag 233 sein.

Wir lackieren das Schachbrett. Dreifach. Mit Bootslack. Das sieht wirklich extrem gut aus. Wir sollten mehr Holzarbeiten zusammen machen … so die Theorie.

Ich baue zwei weitere Fächer in einen Schrank. Das dauert fast den ganzen Tag. Platten zuschneiden, Kanten zuschneiden, Kanten anleimen. Schrank ausräumen, Fachträger bauen und montieren. Bretter schleifen, Kanten fräsen, Fächer montieren. Gibt aber immerhin einen Quadratmeter mehr Lagerfläche. Man könnte schon fast sagen, dass es einen Quadratmeter mehr Wohnfläche gibt. Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet ungefähr … – ok – lassen wir das. Aber immerhin macht es Freude ganz langsam, Stück für Stück immer etwas mehr Ordnung in das Chaos zu bringen. Ich bin ja echt nicht so der Ordnungstyp. Aber so ganz grob ist das schon ok. „Ordnung ist das halbe Leben“ sagte unser Vater gerne. Wir haben später entdeckt, dass das auch oft graue Theorie war bei ihm 😉 Im Schrank findet sich unter anderem ein Telefonbuch. Von 2015.

Es stürmt.

Gestern habe ich Tagebucheinträge von vor einem Jahr gelesen. Ich wollte besser verstehen, was da eigentlich passiert ist. Und ja, so im Rückblick sehe ich einiges im Zusammenhang, was ich vorher nicht gesehen habe und es wird dabei klar: der Schiffbruch war unvermeidlich. Ich hätte machen können was ich wollte. Im Grunde war es da schon wie ein umstürzender Baum. Da war nichts aufzuhalten. Und so schwer es mir fällt das so aufzuschreiben: ich bin dankbar, dass der Baum endlich gestürzt ist. Ich hatte schon jahrelang das Bild in mir, dass da jemand versucht einen Ast am Baum abzureißen. Einen großen Ast. Einen Hauptast. Und es knackste immer mehr. Schon da habe ich versucht aufzuhalten, was aufzuhalten war. Vor einem Jahr war es dann so weit.

Derweil beschäftige ich mich mit Verhaltensauffälligkeiten. In jedem Kapitel treffe ich auf mehr oder weniger bekannte Gestalten. Schlafstörungen. Essstörungen. Sexualstörungen. Alles interessant. Alles spannend.

Dann versuche ich mich an einem Aufsatz über ADHS. Das scheint auch so eine Art Modediagnose zu sein. In letzter Zeit höre und lese ich sehr viel davon, dass sich Erwachsene ADHS diagnostizieren lassen. Es scheint eine Seuche zu sein. Wie Depressionen. Wie Trennungen, Singledasein, CO2-Verbrauch und nationalistisches Denken. Ich habe noch Jon Kabat-Zinn im Ohr, wie er darüber berichtet hat, dass die Psyche Einfluss auf die Gene hat. Das schwant mir schon länger. Wie wäre es, wenn von Generation zu Generation auch eine durch Verhalten veränderte Genetik an die Nachkommen weiter vererbt wird? Und sich so von Generation zu Generation verstärkt? Also kurz gesagt, dass durch eine empathielosere Gesellschaft immer mehr Dysfunktionalität auch über die Genetik vererbt wird?

Heute gibt es Linseneintopf. Ich schneide mir in den Finger. Gestern erstmals mit einem Tinderdate telefoniert. Sie sagt, dass ich gut russisch spreche. So reihen sich die Perlen wie Tage auf die Schnur.

Heute gehen die Ferien zu Ende. Die Jungmatrosen machen sich Sorgen, wie sie die langweiligen Werktage bis zu den nächsten Ferien über die Runde bekommen. Ich kann ihnen nicht helfen. Außer mit Zuversicht- und Mutsprüchen.

In Österreich wird eine rechtsextreme Partei mit der Regierungsbildung beauftragt.

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