Warum schreibe ich das alles?

Ich verbringe die letzten Tage und Wochen und Monate viel mit schreiben. Auch diesen Blog hier. Warum mache ich das eigentlich?

Zum einen für die Kinder. Eines Tages werden sie vielleicht fragen: wie war das eigentlich damals, als sich unsere Mutter von uns getrennt hat? Sie werden hier nicht alle Antworten finden. Aber sie werden etwas finden über das Leben, wie ich es erlebt habe. Möglicherweise hilft ihnen dies bei der Verarbeitung. Denn machen wir uns nichts vor: einen Dutsch werden sie eh weg kriegen. Das ist heute schon klar spürbar. Und tut weh. Und ja, ich würde schon auch gerne mal in das Tagebuch meines Vaters gucken, wie er denn die Zeit so erlebt hat. Es würde sicher viel Erfreuliches und viele Erfolge, viele Bauprojekte, viel über Freizeit und den Garten drin stehen. Möglicherweise wäre aber doch auch das ein oder andere Erhellende zwischen den Zeilen zu lesen. Vielleicht hätte er ja auch einen Blog geschrieben – wir wissen es nicht. Er ist vor fast dreißig Jahren gestorben. An einem Herzinfarkt.

Ich schreibe für Freunde. Es gibt doch wirklich Menschen, die Anteil an meinem Leben nehmen. Da ist so ein Blog das richtige Medium, um ein bisschen Alltag zu dokumentieren.

Vor allem schreibe ich für mich. Ich lese gelegentlich selbst Einträge aus der Vergangenheit. Es ist so eine Art Pflege der Erinnerung. Wenn ich es lese, werden die Erlebnisse wieder wach.

Und auch dies: ich schreibe, um die Erlebnisse zu verarbeiten. Eine Trennung ist wie der Tod eines vertrauten Menschen. Nur eben irrationaler. Denn er ist ja gar nicht tot. Das muss das Hirn erst einmal verpackt kriegen und sich neu strukturieren. Es müssen sich neue Vernetzungen bilden. Die alten Vernetzungen bleiben als Narben zurück. Das dauert. Die Experten geben verschiedene Zeitspannen an. Die einen sagen, es dauert so lange wie die Beziehung gedauert hat, andere sagen, es dauert bis ins nächste Leben, andere sagen, es wäre nach drei Tagen vorbei. Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit liegen. Sokrates sagt: Alles, was wir in Worte fassen können, können wir hinter uns lassen. Genau. Der war auch nicht blöd. Und darum geht es: etwas in Worte fassen, um es hinter uns zu lassen. Die Vergangenheit soll uns bereichern. Nie belasten.

In der Psychologie heißt diese Veränderung Anpassungsstörung. Sie dauert nach ICD-10 etwa ein halbes Jahr, wobei hier nur die Zeit der krankhaften Symptome gerechnet wird. Es ist ja so wie bei einer Coronaerkrankung. Da kann man vielleicht nach zehn oder 14 Tagen wieder auf Arbeit. Aber wirklich fit ist man dann noch lange nicht.

Deswegen schreibe ich. Manchmal habe ich auch eine Idee. Die fließt dann, wenn ich sie der Veröffentlichung für würdig befinde auch in die Geschichte ein.

Reicht das? Ich finde das reicht.

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