Die Weihnachtstage liegen vor uns. Jahre und Jahrzehnte gab es nichts anderes, als Weihnacht, Weihnacht über alles. In der Kindheit war es der sehnlichste Wunsch, dass das Christkind endlich erscheint und die heiß ersehnten Gaben bringt. In meiner Jugend wurden Krippenspiele einstudiert. In manchen Jahren versuchte man einen guten Platz in der Kirche zu ergattern. Später ging es dann darum für andere Menschen die richtigen Geschenke einzukaufen oder herzustellen, Weihnachtsgebäck herzustellen, Weihnachtsbesuche zu machen, das Weihnachtsessen zuzubereiten. Den Weihnachtsbaum aufzustellen. Weihnacht, Weihnacht über alles. Vor lauter Konvention blieb vom Fest der Liebe noch ein fieses Zerrbild übrig.
Dieses Jahr ist einiges anders. Es gibt nur für die Feriengäste einen Weihnachtsbaum. Die Weihnachtsbeleuchtung wurde schon vor vier Wochen installiert und schaltet sich seither ganz brav zweimal am Tag ein und zweimal am Tag aus. Vollkommen stressfrei. Zu essen gibt es Raclette. Dafür müssen nur Kartoffeln gekocht werden. Zum Nachtisch gibt es Mangopuree mit Minzjoghurt. Auch das ist schnell gemacht. Vielleicht mache ich einen Weihnachtsspaziergang. Und schaue in die Fenster, wie sich die Menschen an ihrem Konsum und ihrem Zwang ergötzen und pseudofreuen.
Dieser Tage hatte ich schon so viele Weihnachtsgeschenke. Gestern hatten wir Transaktionsanalyse. Es findet zwar nur alle drei Wochen statt. Ich will euch aber erzählen, wie wertvoll es ist, einfach offen miteinander zu kommunizieren. Ja, es gibt bestimmte Regeln, die von Eric Berne und Claude Steiner in vielen Jahren Forschung erarbeitet und in der Praxis entwickelt wurden. Diese Regeln sind aber nicht blöd oder einengend. Sie schaffen einen Raum, in dem Vertrauen möglich ist und in dem es möglich ist sich zu öffnen und – wie der Name schon sagt – die eigenen Transaktionen und die Transaktionen der anderen gemeinsam in der Gruppe zu analysieren. Das ist so wertvoll.
Ein anderes Weihnachtsgeschenk. Dieser Tage traf ich einen Freund, den zu einer ähnlichen Zeit ein ähnliches Schicksal getroffen hat wie mich. Da hatten wir einen Erfahrungsaustausch und erstaunliche Parallelen. Wie es sich anfühlt, wenn ein Mensch, der einem nicht gut getan hat aus dem Leben verschwindet. Wie sich Schmerz und Dankbarkeit überschneiden und scheinbar vermischen. Wie wertvoll Abstand und Distanz ist. Er erzählte mir eine Geschichte von einem Stein, der noch bei ihm war. Es war ein recht schwerer Stein. Den hat er dann weg gebracht. Seine Ex wollte ihn haben. Er beschrieb, wie leicht dieser Stein im Moment der Übergabe war. Und wie erleichtert und befreit er war, als der Stein weg war. Berührende Geschichten. Man kann sie nur verstehen, wenn man offen dafür ist. Für euch sind es nur Worte. Für mich ist es eine Geschichte.
Ich will einen ersten Jahresrückblick wagen. Denn es war ein Jahr der Wende. Es war ein Jahr der überfälligen Wende. Die Wende war schon lange überfällig. Und so ging es mir gestern sehr leicht über die Lippen von meiner Dankbarkeit zu erzählen für viele liebe Menschen, die mich bei der Wende unterstützt haben. Die ein offenes Ohr für mich hatten. Die mir selbst Geschichten erzählt haben. Die mir viel Verständnis entgegen gebracht haben. Es ist schon ein ganz besonderer Kontrast, wenn ich die Neujahrskarte von letztem Jahr, als der Plan der Spezialoperation die Familie zu zerstören schon fest stand und die diesjährige Karte nebeneinander halte. Als ich den Text für die letzte Karte formulierte, da musste ja auch ein solches Ereignis auch irgendwie eingebaut werden. Es war ja nicht so, dass ich nichts geahnt hätte. Doch auch eine Wende in die andere Richtung wäre ja möglich gewesen – auch dies sollte der knappe Text enthalten. Wenn ich den Text heute lese, so passt er doch ganz gut auf das vergangene Jahr. Und nein, zu verhindern war der Bruch nicht. Weder durch besonnenes noch durch verzweifeltes Handeln. Heute weiß ich: es ist gut und richtig. Und ich bin dankbar.
Weihnachten in aller Stille und ohne Weihnachtsstress. Wie schön das ist.
Nachtrag …
Es war wie geplant sehr schön. Stressfrei. Feines Essen. Gemütlich. Ich hab mir noch das Weihnachtsmannkostüm angezogen und war kurz unterwegs.
Zum Nachtisch gab es noch etwas lustiges.