Wenn die Überschrift auch nicht sehr hoffnungsvoll getextet ist, so spiegelt sie die momentane Situation doch recht gut wieder: wie schon seit mehr als eineinhalb Jahren weiß niemand so recht, was richtig und was falsch ist. Gut, zwischenzeitlich wurden Impfmittel entwickelt, die Impfmittel sind auch irgendwie wirkungsvoll. Die Gesellschaft ist zerstrittener denn je zuvor. Die Geimpften fühlen sich realtiv sicher, aber teilweise von Ungeimpften bedroht. Die Wagenknechts, die Hildmanns, die Kimmichs und wie sie nun alle heißen, fühlen sich ganz besonders im Recht. Denn Impfzwang ist für sie Körperverletzung, Verletzung des Persönlichkeitsrechts und vor allem Diktatur. Und: jeder kann ja tun und lassen was er will. Besonders bei den Wagenknechts stößt natürlich auf, wenn sie behauptet, dass die Impfung „keine Frage der Solidarität“ darstellt. Es verwundert nicht, dass eine Studie herausgefunden hat, dass unter den Ungeimpften vergleichsweise viele Wähler von Spackenparteien sind.
Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: wenn nun tatsächlich 100% aller Menschen geimpft wären, dann wäre Corona garantiert nicht am Ende, sondern – Ironie – zurück auf Los. Schon jetzt herrscht unter vielen Menschen so eine Pseudosicherheit, eine Nachlässigkeit, vermischt mit dem verständlichen Wunsch zurück ins normale Leben zu kehren. Die Statistiken weisen klar darauf hin, dass die Impfungen wirkungsvoll sind. Obwohl nur ca. 30% der Bevölkerung ungeimpft sind, liegen auf den Intensivstationen etwa 70% ungeimpfte Patienten.
Im Herbst wurde viel blödes Zeug verbreitet. Dummerweise von Volksvertretern. So hieß es, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite enden könne. Und: Corona ist keine saisonale Erscheinung. Naja. Was ist eine saisonale Erscheinung? Dass die Sonne im Sommer länger scheint als im Winter. Nein, sie ist im Winter nicht weg. Und so ist das bei Corona auch. Also wer so ein dummes Zeug erzählt … – ämmm – Schluck …
Neulich habe ich in einer Zeitung ein lustiges Modell gesehen. Haben Wissenschaftler rausgefunden. Da ging es darum, wie ansteckend bestimmte Situationen sind. Büro, Klassenzimmer, private Treffen, wenn ein Geimpfter im Zimmer sitzt oder ein Ungeimpfter oder wenn zwei Infizierte drin sitzen usw. Auch sowas ist natürlich grober Unfug. Denn: eine Sicherheit gibt es nicht. Niemals! Und wenn ich mit dem Auto fahre, rechne ich ja auch nicht aus, wie hoch das Unfallrisiko ist, wenn ich jetzt über eine rote Ampel oder eine Stoppstelle fahre. Ich minimiere das Unfallrisiko so weit wie möglich und da sind solche Angaben wie sie die Wissenschaftler da aufgestellt haben eben eher kontraproduktiv. Es wurde nicht einmal berücksichtigt, ob der Infizierte ein Superspreader ist oder nicht. Es ist ja schon ein Unterschied, ob der Infizierte im Klassenzimmer rumrennt und rumbrüllt oder ob er still in seiner Ecke sitzt.
6 Mio. Infizierte gab es in Deutschland bisher. Ungefähr. Und ich behaupte mal, dass die Pandemie erst gefühlt wirklich nachlässt, wenn etwa 80% der Bevölkerung geimpft und infiziert wurde. Es wird also mal noch 15 Jahre dauern. Es werden wohl neue Medikamente für die Behandlung entwickelt. Es kann aber niemand versprechen, dass diese Medikamente dem Virus den Schrecken nehmen. Auch wie sich das Virus weiter entwickeln wird, weiß niemand.
Es gibt aber durchaus interessante Beobachtungen. Wenn es bei einer Coronaimpfung beispielsweise eine Bratwurst gibt, dann sind die Warteschlangen deutlich länger, als wenn es keine Bratwurst gibt. Wenn tatsächlich Einschränkungen für Ungeimpfte drohen, laufen die Skeptiker doch zur Impfstelle – so hoch scheint also die Hürde nicht zu sein. Für mich etwas lästig: nun habe ich mich seit Anfang 2020 wirklich vorbildlich verhalten, bin schnellstmöglich zur Impfstelle gegangen usw. Nun ist es aber fraglich, ob ich am 10. Dezember zu einem privaten Treffen fahren kann. Eigentlich würde ich gerne mit dem Zug fahren. Fahrkarte habe ich schon gekauft. Ob wir es aber wirklich machen? Ein Ungeimpfter hat sich auch schon angemeldet. Es ist toll, dass das toleriert wird.
Kommenden Dienstag ist Elterngespräch – so heißt die Veranstaltung – in der Schule. Ich werde berichten.